Die letzte Diva des Fussballs.

Früher, in der guten alten Zeit gab es Vereine, da herrschten örtliche Unternehmer-Grössen noch nach ganz eigenem Gusto. Mancher Präsident sah sich sogar auf Ballhöhe mit Ludwig XIV., der Schalker Günter Eichberg fand seinen Spitznamen „Der Sonnenkönig“ zumindest keinesfalls übertrieben. Es erging ihm allerdings schlechter als seinem Vorbild, er ruinierte sich und die Vereins-Finanzen und wurde vom Schalker Mob 1997 beim UEFA Cup-Finale durch die Strassen Mailands gejagt. Die Mischung auf Eitelkeit, Inkompetenz und Provinzialismus ging also selten gut, weswegen man diesen Mannschaften mit der Zeit den Begriff Skandal-Klub verlieh. Weil, auf einen solchen Präse folgte ein weiterer, der Schuldenstand blieb. Haste Scheisse am Fuss, haste Scheisse am Fuss. Unvergessen auch die Frankfurter Eintracht, genannt „Die Diva vom Main“, eine nie versiegende Quelle für kleinlichen Klüngel, Misswirtschaft und Provinz-Posse.

Und heute? Im Riederwald wirtschaftet seit Jahren der treue Heribert mit der Solidität eines hanseatischen Kaufmanns und die Verpflichtung von Thomas Schaaf hat nun jede Hoffnung auf Zickenkrieg-Revival endgültig zernichtet. Auch auf Schalke will Fleischfabrikant Tönnies Ruhe haben, die Gerichtsprozesse in der Familie sind ihm wohl Erregungs-Potential genug. Dem Verein bekommt das gut. Der ganze Rest der Klubs besorgt sich Millionen von den börsennotierten und denkt über Compliance-Regeln nach.

Also ist ganz Gallien besetzt von den Anständigen? Nein, nicht ganz Gallien. Einen Skandal-Verein gibt es noch.

Auf Giesings Höhen ist er, der TSV 1860 München, bei dem seit wenigstens vierzig Jahren eine Pleite die nächste jagt, der vermutlich die grösste Dichte von vorbestraften Ex-Präsidenten aufweist und inzwischen mehrheitlich einem jordanischen Geschäftsmann gehört. Warum dieser Millionen in 1860 investiert hat ist bisher nicht bekannt geworden, auf jeden Fall hatte er die Vereins-Chronik wohl nicht gelesen, denn er soll überrascht gewesen sein, daß ihn die Vereins-Spitze kurz nach seinem lebensrettenden Investment mit juristischen Klagen überziehen wollte. Vielleicht wirkte da noch nach, wie 1981 der damalige Präsident Erich Riedl (zeitgleich Haushalts-Experte der CSU-Bundestags-Fraktion) den Verein durch einen selten dämlichen Vertrag mit einem schillernden Immobilienmakler an den Rand des Abgrunds führte. Apropos desaströse Verträge, unvergessen der überaus beliebte Ex-Präse und Wiesn-Wirt Wildmoser, der es Ende der Neunziger schaffte dem Verein durch Teilhaberschaft am Bau der Allianz-Arena  nicht nur die Heimat zu rauben, sondern damit den Erz-Rivalen von der benachbarten Säbener Strasse auch noch zum grössten Gläubiger von 1860 zu machen.

Nun, den widerborstigen Präsidenten Schneider ist der Jordanier inzwischen losgeworden, man hat einen neuen Präsidenten, der holte Ex-Profi Gerhard Poschner als neuen Sportchef, und der holte einen neuen Trainer. Also alles, alles neu bei 1860 und deswegen konnte es nur ein Motto für die anstehende Saison geben, das der neue Trainer Ricardo Moniz auch gleich treudoof in die Münchner Mikrophone blies: Ausser der Meisterschaft geht garnix als Saisonziel. Der Löwe, wie leibt und lebt. Man sollte vielleicht noch erwähnen, daß Herr Moniz noch nie Cheftrainer einer Profi-Mannschaft war, was vielleicht ausschlaggebend dafür war einen 18-jährigen Nachwuchsspieler zum Kapitän zu küren.

Aber keine Sorge, einmal Löwe, immer Löwe. Der Saisonstart in Kürze: Im ersten Spiel führt man auf dem Betzenberg nach einer halben Stunde 2:0 gegen zehn Lauterer und schafft es das Spiel noch 2:3 zu vergeigen. Im ersten Heimspiel gibt’s eine chancenlose 0:3-Klatsche gegen den FC Brausen-Aufsteiger aus Leipzig, wobei dessen zwei Alutreffer nicht unerwähnt bleiben sollen. Drei Tage später ziehen vier Spieler inklusiv des jugendlichen Captains schön durchs Münchner Nachtleben, was einen eigenen ’60er-Fan derart erbost, dass er sie am nächsten Morgen sofort mit Handy-Fotobeweis beim Sportdirektor denunziert. Der schickt dann alle mit grosser Geste zum Straftraining mit der Reserve, um sie zwei Tage später für das Pokalspiel in Kiel wieder zu begnadigen. Das Pokalspiel hat man dann zwar gewonnen (Münchner Abendzeitung: „Dusel-Sieg für ’60“), wobei der Drittligist aber die klar bessere Mannschaft gewesen sein soll. Trainer Moniz ist bereits ein Stück weit verzweifelt, „will aber kämpfen“. Alt-Trainer-Legende Werner Lorant war  diese Woche schon zum Espresso bei der Christl im Löwen-Stüberl und liess die Presse wissen, er habe den Trainer getroffen und ihm gesagt, was er alles falsch gemacht hätte.

Der ’60er-Stadl, wie er leibt und lebt.. Aus langer persönlicher Feindschaft zum Verein prognostiziere ich bis zum Frühling: Erst Moniz noch vor Weihnachten, dann Poschner, dann der Präsident.  Und dann wird es heissen, ‚Der Jordanier wird’s schon richten‘. Das mit der DFL-Lizenz.

 

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